Adel Tawil 2018

Nach einem lebensgefährlichen Unfall und einer persönlichen Niederlage lebt der deutsche Musiker Adel Tawil bewusster. Auf Hawaii, ohne Radio- und Handyempfang, schrieb Adel an neuen Songs. 

event.: Wieso singst du auf Deutsch?
Adel Tawil: Meine ersten Songs schrieb ich mit elf, zwölf Jahren. Auf Englisch, da ich als Jugendlicher amerikanische Vorbilder hatte. Nach meiner ersten Band Boys, bei der ich nur deutschsprachige Songs sang, wurde mir klar, dass deutsche Songtexte besser für mich sind. Meine Stimme hat mir auch zum ersten Mal richtig gefallen. Weil es aus meinem Inneren, aus meiner Seele heraus kam. Vorher war ich immer sehr skeptisch. Auf Deutsch wurde alles wahrhaftig.

Vermisst du Ich + Ich?
Ich vermisse Annette Humpe. Die hab ich lange nicht gesehen. Und natürlich die Momente, die wir zusammen hatten. Ich freue mich auch, dass ich jetzt unterwegs bin und mein eigenes Ding hab. Aber nach wie vor verbindet Annette und mich etwas ganz Besonderes – eine tiefe Freundschaft.

Inwiefern lebst du dein Leben nach dem Unfall anders?
Ich lebe deutlich bewusster und hab auch einen Gang runtergeschaltet. Ich muss nicht mehr alles ausprobieren, und das Bewusstsein für das eigene Leben und die Familie ist schon grösser. Ich habe auch meine Motocross-Maschine verkauft, das muss ich mir nicht mehr geben.

Was tust du denn konkret, um bewusster zu leben?
Bewusster lebt man, indem man seinen Körper bewusster wahrnimmt. Nicht immer dieses Fast Food oder verarbeitete Lebensmittel. Morgens steht man auf und macht Sport. Yoga. Entschleunigung pur.

In Hawaii, an einem Ort ohne Radio- und Handyempfang, hast du an Songs geschrieben. Wo genau warst du?
Auf Big Island, der grössten Insel Hawaiis. Da gibts einfach nichts mehr, und die Menschen, die dort wohnen, wollen das auch nicht. Sie leben sehr bewusst und sind mit der Natur verbunden. Sie möchten eins sein mit dem Meer und dem Vulkan. Natürlich gibts da auch ein paar Freaks, was auch total schön und lustig ist. Der absolute Gegensatz zu Berlin.

Welche Hauptnachricht möchtest du deinem Publikum mitgeben?
Ich freue mich, dass ich gesund bin und dass ich wieder auf Tour gehen kann. Ich würde mich freuen, die Menschen wieder an den Konzerten zu sehen. Das ist, was mich glücklich macht. Das ist bei mir viel bewusster geworden: allein auf der Bühne zu stehen und das Privileg zu haben, Musik zu machen. Das mit den Leuten zu leben, ist das, was einfach geil ist.

«Ich freue mich, dass ich gesund bin und wieder auf Tour gehen kann.»

Wie hast du deine Scheidung überwunden?
Ich bin sehr loyal und jemand, der Sachen nicht aus Spass macht. Was dies angeht, schon konservativ. Das ist dann eine persönliche Niederlage. Aber das Leben geht weiter. Und das verpackt man dann in Lieder – so mach ich das zumindest. Ich glaube, dass die Dinge nicht ohne Grund passieren.

Wie siehst du das Thema MusikStreaming: Chance oder Ruin?
Definitiv eine Chance. Man merkt das ja selber an seinem eigenen Verhalten: Man kommt jederzeit und an jedem Ort an das Lied, welches ich gerade hören will. Das ist ein absoluter Luxus, der vor ein paar Jahren unvorstellbar war. Über die Vergütung der Künstler muss man nach wie vor dranbleiben und dafür kämpfen, dass alle vernünftig bezahlt werden. Ich besitze noch zig CDs und Schallplatten. Die werde ich auch nicht hergeben. Da ist viel Nostalgie und Romantik dabei.

War es schwierig für dich, im deutschen Musikmarkt Fuss zu fassen?
Es war eine ganz andere Zeit. Der Markt hat sich verändert. Früher war es so, dass man an eine Plattenfirma selbst ran musste. Die Bosse waren die Mächtigen – man hat alles probiert als junger Künstler. Ich bin dankbar, dass das so geklappt hat. Ich glaube, dass es jetzt super ist, dass es diese anderen Möglichkeiten gibt, bekannt zu werden – sei das via Facebook, Instagram oder Youtube. Das Internet hat seine Schattenseiten sowie gute Seiten, um was aufzubauen. Das sieht man auch an den vielen Youtube-Stars.

Du kommst bald in die Schweiz. Wie gefällt dir unser Land?
Ich mag die Menschen und die Lebensart. Gerade in Zürich. Natürlich ist Luzern auch sehr schön. In Berlin gibt es auch ein paar schöne Ecken, aber in der Schweiz gibt es viel weniger schlechte Ecken. Ich bin sehr gerne da. Zwischenzeitlich habe ich sogar mit dem Gedanken gespielt, ein Jahr lang in Zürich zu bleiben.

ADEL TAWIL
Fr 10.8.18, Stars in Town Schaffhausen
Fr 20.7.18, Moon&Stars Locarno
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