Air 2016

Es war so cool in den späten Neunzigern, man chillte in Lounges. Den Soundtrack dazu lieferten Air. Musik, die man immer noch gerne hört. Ja, die beiden Franzosen gibt es noch – und sie spielen endlich mal wieder live.

Sie haben beide Jahrgang 1969, stammen beide aus dem Pariser Nobelvorort Versailles, und 1995 gründeten sie Air. Der Britpop-Hype war gerade abgeklungen, und die Leute wollten etwas anderes hören. Nicolas Godin erinnert sich: «Franzosen waren ja bis anhin eher als Chefköche und Modedesigner bekannt. Nicht als Popmusiker.» Eine Lücke, die
sie als Chance sahen. Dass sie dennoch englisch sangen, sei pures Kalkül gewesen, wie er verrät. «Unser starker französischer Akzent machte uns eben noch mehr zu Franzosen. Das kam gut an, aber vor allem im Ausland. In Frankreich findet man uns nach wie vor nicht. Franzosen haben einen schlechten Musikgeschmack.» Im benachbarten Europa, aber auch in den USA wurden sie gefeiert. 1999 liess Regisseurin Sofia Coppola sie den Soundtrack zum Drama «The Virgin Suicides» schreiben. Dann folgten in schöner Regelmässigkeit erfolgreiche Alben und ausverkaufte Tourneen.

Doch in den letzten Jahren war es ruhig geworden um Air, die Musiker hatten sich rar gemacht. 2014 erschien das Album «Music for Museum» nur in einer Vinyl-Auflage von 1000 Exemplaren. Air seien zur Routine geworden, klagte Nicolas Godin – und wendete sich einem Solo-Album zu. Er habe sich in die Werke von Johann Sebastian Bach vertieft und sich zum Ziel gesetzt, dessen Musik einer jüngeren Generation näherzubringen, liess er verlauten. Auch Jean-Benoît Dunckel wendete sich eigenen Projekten zu.

Es kommt eine Zeit, wo man keine Liebe mehr macht.

Jetzt die Überraschung: Air sind seit Ende Mai wieder auf Tour, und es ist das Best Of Album «Twentyears» erschienen. Auf der Superdelux-Edition, die am 22. Juli erscheint, gibt es als Dreingabe eine Doppel-CD mit 17 bisher unveröffentlichten Tracks.

Neue Songs von Air, die wünschen wir uns. Werden die zu hören sein, wenn Air am 22. Juli am Blue Balls in Luzern spielen? JBs Antwort ist enttäuschend: «Es gibt keine neuen Songs. Das ist eine ganz natürliche Entwicklung. Wenn man ein Paar ist, kommt eine Zeit, wo man keine Liebe mehr macht.» Ist das die Abschiedstournee von Air? JB: «Ich weiss nicht, wir werden sehen. Es ist, wie wenn Papa und Mama plötzlich andere Partner haben, vielleicht kommen sie wieder zusammen, vielleicht auch nicht. Es ist nicht sicher.» Mit neuen Songs wird es nichts, dafür sei das Bühnensetting erstklassig, tröstet JB. «Wir haben sattes Licht, das in fraktale Regenbogenfarben aufgebrochen wird, Wolken, Tiefe. Das passt doch gut zu unserer Musik.» Und wie immer wird auf der Bühne alles live sein. «Bei uns gibt es keine Playbacks oder Programme», sagt JB.

Offenbar ist bei Air die Luft noch nicht ganz raus. Nicolas: «Mit der Tour wollen wir uns auch einer jüngeren Generation präsentieren, die unseren Sound noch nicht kennt.» Ihre alten Songs spielen beide immer noch gerne. «‹Moon Safari› finde ich immer noch frisch und gut», sagt Nicolas. «Wenn ich das heute höre, fühle ich mich jedoch alt.»

AIR
22.07.16, Blue Balls Festival Luzern
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