
Auf «Laune der Natur» haben sich Die Toten Hosen musikalisch ausgetobt. Die Kreativpause hat ihnen gut getan. Die Hosen sind wieder da, schneller, härter, punkiger.

Vor fünf Jahren bescherten uns die Toten Hosen mit ihrem Stadionhit «Tage wie diese» aus «Ballast der Republik» nicht nur ihren Hardcorefans ein kollektives Hoch – und das blieb länger als der Sommer. Seitdem hat man wenig von Campino (54, bürgerlich Andreas Frege) und Co gehört. Doch wer den Düsseldorfer Bühnenderwisch kennt, der weiss, herumsitzen und Dolce-far-niente ist nicht sein Ding. Im Gegenteil: Auf «Laune der Natur» haben Andi, Breiti, Kuddel, Vom und Campino sich keine Grenzen gesetzt und so viel herumexperimentiert wie noch nie. Es tut dem Album gut – saugut!
Das Album
Zwei Jahre haben Campino und seine Jungs an der neuen Platte getüftelt. Ihr letztes Werk («Ballast der Republik») ist für die Band Fluch und Segen gleichzeitig. Wenn ein Album die Charts im Rekord stürmt, erwartet man automatisch weitere Höhenflüge. Gut, sind die Hosen keine Greenhorns, die vor Erfolgsdruck hastig eine CD nachschiessen. Im Gegeneil: Sie haben sich bewusst Zeit und Raum für Experimente gelassen: «Als wir mit dem Album begonnen haben, wollten wir uns keine stilistischen oder textlichen Vorgaben setzen. Alle Ideen aus sämtlichen Richtungen wurden reingefeuert», erzählte Campino kürzlich in einem Interview. Unglaubliche 475 verschiedene Aufnahme-Versionen servierten sie ihrem Produzenten. Die Bandbreite reicht vom klassischen Uptempo-Punkrock-Song «Energie» über ein bisschen Reggae-Feeling («Wannsee») bis zur Polit-Poprock-Nummer «Unter den Wolken». «Kein Grund zur Traurigkeit» heisst der letzte und 15. Song auf dem Album. Es ist eine Hommage an ihren verstorbenen Kumpel Wölli. Ein zartbitterer Abschluss, der zur musikalischen Abenteuerreise passt.
Anspieltipps
«Alles mit nach Hause» – Campino geht voll ab, ein klassischer Toten-Hosen-Song zum Rumpogen und als Opener für die nächste Sause.
«Energie» – Nomen est Omen, zum Mitsummen unter der Dusche, perfekter Wachmacher. Ist wie ein Cocktail aus Vitamine, Energydrink und Guaranasaft.
«Kein Grund zur Traurigkeit» – Musikalisches Andenken an Gspänli Wölli. Rau und zart gleichzeitig. Schaurig schön.
Urteil
Mit der Single «Unter den Wolken» gelang der Band der höchste Chart-Einstieg ever. Damit verwiesen die Hosen sogar Kuschelbarde Ed Sheeran auf die hinteren Ränge. Chapeau! «Laune der Natur» ist breit gefächert, guter Stoff für morgens unter der Dusche oder die nächste Grillparty. Die 15 Stück machen Lust auf mehr. Man will die Songs live hören. Volle Dröhnung auf die Ohren. Gut, halten die Düsseldorfer diesen Festivalsommer gleich zwei Mal in der Schweiz.