Fünf Jahre nach dem ersten Streich, dem Grammy-Award-Album «Get Up», holt sich Ben Harper den Meister der «Schnurregiige» zurück ins Studio und spielt uns den Blues.
Die Künstler
Aufgewachsen in der Wüste Kaliforniens begann Ben Harper im Alter von sechs Jahren Gitarre zu spielen. Mit 17 entdeckte er die Bottleneck-Slide-Gitarre – und Virgin Music sein Talent. Sein unverkennbares Geschick, Einflüsse aus dem Folk, Blues und Reggae einen eigenen Anstrich zu verpassen, liessen ihn in kürzester Zeit zum Geheimtipp werden. So wurde er zwar immer grösser, blieb aber doch der Underdog, der sich nicht durch die Kommerzmaschine drehen liess. Über die Jahre wuchsen seine Stimme und sein Repertoire weiter. Gospel, Country, Jazz und Funk Elemente in Kombination mit seinen Wurzeln machen Ben Harper zu einer Klasse für sich.
Charlie Musselwhite gilt als einer der besten noch lebenden US-amerikanischen Blues-Musiker. Dan Aykroyd nahm sich diesen Künstler zum Vorbild, um seine Rolle im 1980er Film «Blues Brothers» zu formen. An der Mundharmonika reicht ihm auch 2018 niemand das Wasser. Er hat den Urknall des Rock’n’Roll in Memphis miterlebt und und spielte mit Legenden wie Muddy Waters, Howlin’ Wolf und John Lee Hooker. 1967 zog es ihn nach Kalifornien. Im Trubel der Hippiewelle brachte er in seinem Gepäck die Mundharmonika und den Blues mit. 2010 wurde er in die Blues Hall of Fame der Blues Foundation aufgenommen.
Das Album
«No Mercy In This Land» ist in vielerlei Hinsicht der Inbegriff einer Blues-Platte mit einem modernen Touch. Die Themen auf dem Album sind typisch für dieses Genre: Alkoholismus, gebrochene Herzen und Spiritualität. Harpers Vocals sind an manchen Stellen schattenhaft und verwischt – und erinnern an Blues-Sänger aus alten Zeiten. Harpers Stimme verschmilzt mit seinen eigenen Gitarrenmelodien und der herausragenden Qualität Musselwhite’s Mundharmonika-Spiels. Die Gitarre, die in «Bad Habits» perkussiv ihren Einsatz hat, bis hin zu klagenden Riffs in «The Bottle Wins Again», ist in vielen Tracks dominant vertreten. Musselwhite’s Blues-Autorität trägt Klangtiefe und Textur bei und gibt dem Album unglaublich viel Authentizität.
Das Urteil
Hier treffen Gegenwart, Vergangenheit und die Zukunft des Blues aufeinander. Die zwei Grössen aus verschiedenen Generationen verpassen dem amerikanischen Musikstil eine zeitgemässe Tiefe. Der Spiegel der amerikanischen Gesellschaft nennt man den Blues – und hier wagen Harper und Musselwhite einen tiefen Blick in die Zerrissenheit des eigenen Landes. Konnte man bei ihrem ersten Werk zwischen ihrem Spiel und Gesang noch Luft hören, lassen sie einem diesmal keine Atempause. Wo Worte nicht mehr ausreichen, sagen einem Mundharmonika und Slide-Gitarre alles, was man fühlen muss, um den Umbruch und die Revolution zu spüren.
BEN HARPER & CHARLIE MUSSELWHITE
25. April 2018, Salle des fêtes de Thônex
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