Carolin Kebekus 2017
Versteht den Influencer-Trend nicht: Carolin Kebekus.

Die wohl erfolgreichste Komikerin im deutschsprachigen Raum regt mit ihren sozialkritischen Programmen zum Nachdenken an.

Ihr aktuelles Programm heisst «Alphapussy». Was bedeutet der Begriff?
Das ist eine starke Frau, die sich nicht kleinmacht und die für sich einsteht.

Die Rechte der Frau sind in Ihrem Programm immer wieder Thema. Regen Sie Comedy-Programme, die mit Geschlechterrollen spielen, auf?
Ich würde jetzt nicht sagen, dass sie mich aufregen, aber ich kann die Erfahrungen halt nicht teilen. Ich kenne beispielsweise keine Frauen, die die Fernbedienung immer auf den Fernseher legen. Aber eine Demo gegen solche Programme würde ich nicht starten. Wenn Menschen darüber lachen können, haben sie eine Daseinsberechtigung.

Ihr Programm ist sehr sozialkritisch. Was nervt Sie in der Welt am meisten?
Die politische Lage ist für viele Momentan sehr verunsichernd. Bei Trump fragt man sich ja ständig: «Was macht der da?» Früher hatte man bei allen Situationen immer das Gefühl, dass die Politiker das alles im Griff haben. Aber nun merkt man, dass das vielleicht nicht mehr so ist. Das ist schon verunsichernd.

Macht Ihnen die aktuelle politische Weltlage Angst?
Angst ist zu viel gesagt, aber ich merke bei Kommentaren auf meiner Facebookseite oder Youtube-Videos schon, dass das immer weiter nach rechts geht. Früher wurde das alles mit Pseudonymen gemacht, und heute posten Leute mit Klarnamen eindeutig rassistische Äusserungen. In dieser Entwicklung fühle ich mich als Deutsche, schon durch unsere Geschichte, in der Verantwortung. Wir müssen in Europa sagen, dass wir diesen Weg schon einmal gegangen sind – und dass er in einer Katastrophe endete. Wir müssen daher mit besserem Beispiel vorangehen.

Sie haben sich schon oft kritisch zu Influencern geäussert. Wir drehen den Spiess um: Was fasziniert Sie an Influencern?
Es ist krass, wieviel Macht sie in der Werbung bekommen haben. Wer früher TV-Werbung gemacht hat, setzt nun auf Influencer. Daraus ergeben sich komische Situationen: Im Sommer haben viele Influencer-Fotos von sich mit Weichspüler gepostet. Da frage ich mich dann schon: «Hmm, wie passt denn der Weichspüler in dieses Hipster-Leben?» Es kann doch niemand so dämlich sein und glauben, dass die zufällig mit ihrem Weichspüler unterwegs sind. Dieses Phänomen muss sich in den nächsten Jahren von selber erledigen. In zehn Jahren wird sich niemand denken, dass ein Influencer ein tolles Werk hinterlassen hat. Nur ein Foto mit einem Weichspüler.

Haben sich Menschen, die Sie parodiert haben, schon einmal bei Ihnen gemeldet?
Nein, direkte Rückmeldungen gab es keine. Aber es gilt als Ehre, wenn man parodiert wird. Da ärgert man sich eher im Stillen und sagt dann nach aussen hin, dass man es lustig findet. Aber direkt darauf angesprochen hat mich bisher keiner.

Was ist für Sie der grösste Schwachsinn im Fernsehen?
Ich finde die Dating-Sendungen immer absurder. Zuerst wurden alle Menschen mit speziellen Eigenschaften abgedeckt, von sehr dicken bis völlig verbauten Menschen. Jetzt ziehen sie sich aus und sehen zuerst die Geschlechtsteile voneinander, da fällt mir wirklich nichts mehr dazu ein. Erschreckend!

Sie sind stolze Kölnerin: Was gefällt Ihnen am besten an Ihrer Heimatstadt?
Man merkt Köln nicht an, dass es eine Grossstadt ist, und die Stadt ist sympathisch hässlich und hat ein grosses kulturelles Angebot. Was den meisten besonders gefällt, sind die Einwohner. Wenn man in Köln in eine Kneipe geht, ist man direkt mit allen befreundet. Ob das am nächsten Tag noch so ist, weiss man aber nie genau.

Wann waren Sie zuletzt in der Schweiz?
Das war vor zwei Jahren am Arosa Humorfestival. Das war lustig, wir mussten mit dem Motorschlitten bis zum Zelt auf der Alp fahren. Ausserdem bin ich sehr gerne in Zürich – eine tolle Stadt, in der man sich als Tourist überhaupt nicht fremd fühlt.

Wo hört für Sie guter Humor auf?
Da wo er platt wird. Das heisst nicht unter der Gürtellinie, das finde ich lustig. Platt heisst für mich, wenn man grundlos beleidigend oder krass wird – wenn man einfach nur der Provokation wegen Tabu-Themen anschneidet.

Und was ist guter Humor?
Grundsätzlich bin ich leicht zu erheitern. Alles was überraschend und authentisch ist, bringt mich zum Lachen.

Wann haben Sie sich zuletzt das Programm eines Kollegen angesehen?
Das kommt leider selten vor, das war vor zwei Jahren ein Programm von Johann König. Aber manchmal finde ich die Zeit, mir in Köln Mixed-Shows mit Newcomern anzuschauen.

Auch Helene Fischer haben Sie schon parodiert. Finden Sie Helene wirklich so schlimm, wie es manchmal scheint?
Musikalisch ja – persönlich kenne ich sie aber nicht, ich habe nur oft gehört, dass sie nett und toll ist. Mit der heilen Glitzer-Schlager-Welt kann ich aber nicht viel anfangen.

Nicht mal zum Kölner Karneval?
Nein. Das ist übrigens ein grosses Missverständnis: Schlager hat nichts mit Karneval zu tun! Wenn am Kölner Karneval Schlager gespielt wird, setzen sich Einheimische auf den Boden oder verlassen sogar den Laden.

Was mögen Sie an Ihrem Job am liebsten?
Ich mache ja viel: Fernsehsendungen, Schauspielern, Synchronsprechen und Comedy. Am liebsten aber stehe ich auf der Bühne: Die direkte Reaktion des Publikums ist das, was ich nicht so einfach hergeben würde.

Gibt es schwierige Momente?
Klar. Wenn man beispielsweise bald eine Sendung hat, weiss, dass man viele Minuten lang lustig sein muss, aber gerade keine Idee hat.

Das ist ja eine Parallele zur Schlagerwelt: Schlagersänger müssen gut gelaunt sein, und Sie in der Comedy müssen lustig sein.
Ja, das ist manchmal furchtbar. Aber da muss man Profi sein. Das Publikum hat viel Geld für Eintrittskarten bezahlt, und da muss ich einfach abliefern. Wenn ich aber dann mal auf der Bühne stehe, bin ich immer im Element. Letztendlich ist es einfach ein Job, den man gut können muss.

Die nächste Ausgabe von Carolin Kebekus‘ WDR-Show «PussyTerrorTV» läuft am 7. September um 22.45 Uhr in der ARD.

CAROLIN KEBEKUS
15. September 17, Hallenstadion Zürich
16. September 17, Kursaal-Arena Bern
17. September 17, Musical Theater Basel
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