Chris Tall 2017
Klare Ziele: Chris Tall will in 10 Jahren eine Familie gegründet haben.

Gags für und über alle: Chris Tall macht auch mal Witze über Rollstuhlfahrer, Schwule und Schwarze. Sonst schliesse man sie ja aus, rechtfertigt er das.

Dank sozialen Medien schaffte es Chris Tall (26) vom Newcomer zum gefeierten Comedy-Star. Im Oktober 2015 trat er bereits zum sechsten Mal in der Sendung von Stefan Raab, «TV Total», auf. Das Thema: Wie weit Comedians mit ihren Witzen gehen dürfen. Der kontroverse Auftritt ging viral, Tall konnte seine Facebook-Follower um ein Vielfaches erhöhen. Bis heute hat der Clip fast zehn Millionen Auftritte.

Seit deinem Auftritt bei «TV total» steigerte sich deine Bekanntheit von 0 auf 100. Merkst du das heute noch?
Direkte Reaktionen bekomme ich keine mehr. Ich merke aber eineinhalb Jahre nachher immer noch, dass die Menschen meiner Comedy folgen und in die Shows gehen. Somit spiele ich in grösseren Hallen. Das war vorher nicht so.

«Meine Mutter hat immer gesagt: Du musst auf die Bühne!»

Wie hast du den Hype erlebt?
An den Facebook-Likes habe ich den Hype als Erstes bemerkt. Nach dem Auftritt hatte ich 2’000 Likes mehr, und weil die Leute den Auftritt immer geteilt haben, hat sich die Zahl stetig gesteigert. Unfassbar, heute habe ich über 860’000 Follower. Das freut mich sehr!

Das Thema deines Auftritts war ja, dass es kein Problem ist, sich auch mal über Rollstuhlfahrer oder Schwarze lustig zu machen. Aber irgendwo muss es für dich ja auch eine Grenze geben!
Ich sage ja nicht, man soll über jeden und alles scherzen. Ich sage einfach, dass man auch über Rollstuhlfahrer und Schwarze Witze machen darf, sonst schliesst man sie ja aus. Es darf eben nicht verletzend werden und muss auf Augenhöhe mit dem Gegenüber passieren. Aber ich habe Grenzen. Es gibt Kabarettisten und Comedians, die bei Auftritten beispielsweise über Terrorismus sprechen und das witzig und richtig gut verkaufen können. Das kann ich nicht; mich verletzt das Thema viel zu sehr, als dass ich mir etwas Lustiges darüber zusammenbasteln könnte. Und ich kenne mich zu wenig aus.

Wer sind deine Vorbilder?
Seit ich 13 Jahre alt bin, liebe ich Mario Barth. Er hat es geschafft, seine Shows zu riesigen Events zu machen. Aber es gibt mehr, es gibt ja nicht nur die 20 Comedians, die man bei RTL sieht. Luke Mockridge, Bülent Ceylan, Torsten Sträter, Sascha Korf, Kay Ray, Alain Frei … das sind auch alles Vorbilder. Ich könnte ewig so weitermachen.

Was ist das Lustigste an der Schweiz?
Das Lustigste? Da kann ich mich nicht entscheiden. Das Unlustigste? Die Preise! (lacht). Aber mal im Ernst: Ich liebe die Schweiz und mag vor allem Zürich richtig gern. Ich komme ja aus Hamburg, und ich finde, dass beide Städte Parallelen haben. Ich muss mich nur manchmal bei euch beim Sprechen bremsen, damit mich alle auch gut verstehen.

Chris Tall 2017
Sein Vorbild ist Mario Barth: Chris Tall.

Warst du in der Schule der Pausenclown?
Ja. Manche Pausenclowns sind richtig lustig, manche nerven. Ich war Letzteres: Ich wusste nie, wann genug war und wollte immer schon den nächsten Spruch auf Lager haben. Das war ungesund für die Mitschüler, zeigt aber, dass da was in mir drin war, was raus wollte. Meine Mutter hat immer gesagt: «Du musst auf die Bühne!»

Wann standest du das erste Mal auf der Bühne?
Am 5. März 2011. Das war beim Trierer Comedy Slam. Das ist ein Wettbewerb, bei dem Newcomer auftreten können. Ich bin da zwar ins Finale gekommen, dort aber kläglich gescheitert. So konnte ich nicht aufhören.

Du bist ja auch bei der Neuauflage von «Genial daneben» dabei.
Ehrlich gesagt hatte ich das etwas unterschätzt. Ich dachte, da müsse man sich einfach kurz eine lustige Antwort auf eine Frage überlegen, aber es ist komplexer. Ich habe grossen Respekt davor, wie Hella von Sinnen und Wigald Boning Geschichten, die um die Ecke gedacht sind, heraushauen. Es macht aber grossen Spass! Hugo Egon Balder leitet die Sendung perfekt.

Wie viel Inhalt deines Programms ist aus deinem Leben?
Eigentlich alles. Der Trick daran ist, dass ich manche Storys auf die Spitze treibe und ein bisschen übertreibe. Und das Witzige: Es kommen nachher immer Zuschauer zu mir und meinen: «Hey, warum kanntest du diese Geschichte von mir?» So sieht man ja, dass man als Jugendlicher vieles gleich erlebt.

«Witze dürfen nicht verletzend sein und müssen auf Augenhöhe passieren.»

Schreibst du alles selber?
Nein, ich arbeite mit einem Autor zusammen, Sascha Korf. Das passt perfekt: Er weiss, wie ich auf der Bühne agiere und hat immer coole Inputs und Ergänzungen zu meinen Programmen. Er ist übrigens auch ein begnadeter Comedian und Impro-Gott.

Du erzählst im Programm viele Anekdoten über deine Mutter. Was sagen deine Eltern dazu?
Das fragen echt viele. Bei den 15 Preview-Shows durften meine Eltern nicht dabei sein. Nach der Premiere kam aber mein Vater zu mir und meinte: «Wieso machst du dich nur über deine Mutter lustig und nicht über mich?» Für die beiden ist es gar kein Problem.

Dein aktuelles Programm lief schon im TV. Da kennen ja viele die Pointen schon.
Manche schauen die Aufzeichnung extra nicht, andere haben das Programm schon gesehen und schreien sogar die Pointen rein. Die kriegen dann aber eine Ansage von mir (lacht). Meine Fans sind echt witzig, da ist schon fast Party-Stimmung im Publikum. Die kriegt man im TV nicht. Zudem improvisiere ich viel im Programm, jede Show ist somit anders.

Wo stehst du in zehn Jahren?
Wenn es beruflich so bleibt wie jetzt, bin ich der glücklichste Mensch. Und privat möchte ich eine Familie haben, mit Frau und zwei Kindern. Am besten ein Junge und ein Mädchen. Es kann sich ja nicht alles um Comedy drehen, ich will ja auch lernen, was es heisst, Vater zu sein.

CHRIS TALL «Selfie von Mutti! Wenn Eltern cool sein wollen …»
Do 14. September 17, Volkshaus Zürich
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