Schon seit zwanzig Jahren steht Michel Gammenthaler mit seinen Komik- und Magie-Programmen auf der Bühne. Wir trafen ihn zum Interview und sprachen mit ihm über sein aktuelles Programm «Hä?», die heutige Gesellschaft, Haartrends unter Magiern und David Copperfield.  

event.: Hoi Michel. Nennst du dich im Ausland auch so?
Hä? Ja, wieso?

Wir teilen denselben Vornamen, und ich weiss, dass das im Ausland zu komischen Situationen führen kann.
(Lacht) Stimmt. Einmal im Sprachaufenthalt hat meine Gastmutter mit der Nachbarin geredet und gesagt: «Der Junge heisst wirklich Michel, wie ein Mädchen!» Lustig ist auch, wie viele Leute «Michel» hören, also wissen, wie man es sagt, und dann trotzdem Michael sagen.

Vorher hast du mit einem «Hä?» auf meine Einstiegsfrage reagiert. So heisst auch dein Programm.
Genau. Es ist die Reaktion, wenn Leute einen guten Zaubertrick sehen. Und wenn sie bei einem Comedyprogramm schräge Betrachtungen hören. Meine Programme verbinden ja Comedy und Zauberei.

Michel Gammenthaler 2018
Sein aktuelles Programm heisst «Hä?»: Eine Reaktion auf einen guten Zaubertrick und auf einen überraschenden Witz. Foto © Mirco Rederlechner

«Hä?» darf man doch gar nicht sagen, das ist verrufen.
In meinem Beruf darf man mehr, als man sonst darf. Das macht ja den Narren aus.

Wie oft muss man in der Comedy Klischees bedienen?
Es kommt darauf an, welche Humor-Art man wählt. Wichtig ist, dass sich das Publikum selbst in den Geschichten wiedererkennt. Das geht am besten über Klischees. Wenn sich ein Zuschauer überhaupt nicht wiedererkennt, verliere ich seine Aufmerksamkeit.

Worüber würdest du nie witzeln?
Ich finde es immer schwierig, wenn Themen grundsätzlich ausgeschlossen werden. Humor muss frei sein. Allgemein wird das Leben mit zu vielen Reglementierungen schwierig. Wir haben heute so viele Parallelwelten: Einerseits kann man im Internet Pornoseiten besuchen, flirtet auf Tinder wild hin und her, aber im Büro traut man sich kaum mehr jemanden, der einem gefällt, nach einem gemeinsamen Kaffee zu fragen. Ich fände es schwierig, heute jung zu sein.

Sind Menschen heute zu sensibel?
Ja. Wenn man heutzutage nur ein kleines Klischee angeht, kann man schon eine Klage einfangen. Schliesslich sind es doch die Unterschiede, die uns interessant machen. Man kann sich über ein Klischee liebevoll lustig machen. Ich hatte eine schwule Figur, die ich immer wieder spielte, und meine schwulen Freunde hatten alle keinerlei Probleme damit. Nur einige selbst ernannte Moralapostel, die ich nicht kannte, haben darin ein Problem gesehen. Wir sind als Gesellschaft sehr verkrampft.

Welches Klischee trifft auf dich zu?
Dass ich als Künstler ein Schlendrian bin. Ich arbeite zwar viel, aber beispielsweise dachte ich mir heute, dass ich noch ein bisschen länger im Bett bleibe. Dafür arbeite ich auch oft bis mitten in die Nacht.

Kommen wir zur Zauberei: Hast du den Zauberkasten noch, der dich zur Zauberkunst brachte?
Nein. Ich bin kein Sammler und werfe Dinge leicht weg. In diesem Fall eigentlich schade.

Viele Magier scheinen denselben Coiffeur zu haben.
(Lacht) Ja, ich nicht. Das ist mir auch schon aufgefallen. Dafür braucht es grosse Mengen an Haarspray, an Bleichmittel, und auch eine Wind­maschine gehört dazu. Wenn ich diese klischierten Magier sehe, schäme ich mich ein bisschen für meine Berufsgruppe. Das ist total albern und übertrieben.

Mit den Frauen, die in einer Box zersägt werden.
Genau. Dort könnte man auch mal punkto Gleichstellung ansetzen und fragen: Wieso sind das immer Frauen?

Guter Punkt. Beeindrucken dich Magier wie David Copperfield?
Ja. Nicht, weil ich nicht weiss, wie das geht, sondern weil ich weiss, wie die Tricks funktionieren. Das sind riesige Projekte, die grosses Denken und grosse Logistik erfordern, wenn David Copperfield ganze Eisenbahnwagen zum Verschwinden bringt. Er ist ein Pionier und hat die Zauberei ins 21. Jahrhundert gebracht.

Du hast dieses Jahr dein 20-jähriges Bühnenjubiläum. Wie feierst du das?
Stimmt, das habe ich. Und habe das kürzlich eher zufällig bemerkt. Ich feiere es nicht speziell. Aber mein aktuelles Programm läuft super, ein schönes Jubiläumsgeschenk.

MICHEL GAMMENTHALER
18.+19.5.18, Casinotheater Winterthur
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