Touren kann er noch nicht, aber er nimmt uns schon mal musikalisch mit auf die Reise – auf seine persönliche, sagenumwobene Trauminsel namens Hy Brasil. So heisst auch das neue Album von Rea Garvey, 14 tolle Songs als Vorgeschmack auf seine Konzerte im Sommer.

event.: Dein Album heisst «Hy Brasil», hat aber gar nichts mit Brasilien zu tun. Kannst du uns das näher erklären?
Rea Garvey: Hy Brasil ist eine Insel, die ab etwa 132 in vielen Seekarten verzeichnet war und angeblich an der Westküste von Irland lag. Demzufolge sei sie nur von einem grossen schwarzen Hasen und einem Zauberer bewohnt gewesen sein. Um 1865 ist sie dann wieder von den Landkarten verschwunden. Während meiner Kindheit in Irland habe ich diese Geschichte sehr oft gehört. Unsere Helden sind immer dorthin geflohen, um jung zu bleiben, und als Kind wollte ich unbedingt dahin. Ich war schon immer jemand, der sehr viel und gerne träumt.

Dann hat dir in der Corona-Zeit der Traum von dieser sagenumwobenen Insel geholfen?
Ja, ich wollte auf keinen Fall ein Corona-Album machen. Es war mir wichtig, ganz bewusst nichts Negatives zu machen. Deshalb war es gut, dass ich die Songs bereits 2019 geschrieben habe. Ich habe schon extrem viel Zeit allein im Studio verbracht – das war durchaus schwierig. Aber das gab mir auch Zeit, mir zu jedem Song eine Choreografie für die Bühne zu überlegen – ihr dürft gespannt sein auf meine Moves. Das hat geholfen, ein Album zu machen, das positive Energie verbreitet.

REA GARVEYS WOHNZIMMERSHOW
Immer wieder donnerstags um 19 Uhr lädt Rea Garvey zu seinen Yellow Jacket Sessions ein. In der live gestreamten Online-Session (#TheYellowJacketSessions, auf Youtube und Twitch) kann man mit ihm chatten, dabei sind prominente Gäste wie Samu Haber, Sido, Kool Savas, Max Giesinger und andere, mit denen Rea auch spontan Songs performt. Als Interviewerin mit dabei ist Reas Ehefrau Josephine.

War das in dieser Zeit einfach?
Bei der Arbeit an «Hy Brasil» habe ich meine Nähe und Liebe zum Musikmachen wiederentdeckt. Als ich vor einem Jahr mit dem Album anfing, war die Musik so eine Liebe auf Distanz. Das hatte viel mit dem Tempo von 2018 und 2019 zu tun – ich habe mich wie ein Zahnrad in einer ganz grossen Maschine gefühlt. Manchmal ist es so, als würde man von einem Berg herunterfallen, man kommt ins Rollen und nicht so schnell wieder hinaus. Schliesslich, nach einem Jahr Songwriting und dreiviertel Jahr Produktion, war ich angekommen, wo ich sein wollte. Das Album ist für mich das musikalische Hy Brasil. Das ist eine spannende Geschichte – und wir Iren müssen immer eine Geschichte haben. Manchmal merkt man als Künstler, dass man fast ein wenig vergessen hatte, wie viel unbändige Freude der kreative Prozess bereitet.

Wie entstehen deine Songs?
Wir haben ungefähr 50 Lieder geschrieben – 14 haben wir ausgesucht, sie mussten drei Kriterien erfüllen: erstens mir ein gutes Gefühl geben, zweitens mich zum Tanzen bringen und drittens mir irgendwie ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Corona hat die Songs nicht beeinflusst, wohl aber deren finale Auswahl.

Was verbindet dich mit der Schweiz?
Heute war ich traurig, weil ich ja für dieses und andere Interviews lieber in die Schweiz gereist wäre. Und weil ich bei euch echt gute Freunde habe … Deshalb freue ich mich immer auf diese Reisen, weil man da viele Freunde trifft und viele tolle Menschen sieht.

Ich erinnere mich an dein letztes Konzert in Zürich – Ende 2018. Ich war weit hinten im Saal, doch plötzlich – Überraschung! – warst du ganz nah – denn du hast auf einer zweiten kleinen Bühne hinten einen Song gespielt.
Es ist mir wichtig, immer jeden mit einzubeziehen! Bei einem U2-Konzert ist es mir mal so ergangen, dass wir relativ spät kamen und ganz hinten im Saal waren – doch dann wurden wir in den VIP-Bereich eingeladen. Das war toll! Ich finde, nicht nur sogenannte VIPs sollten solche Überraschungen erleben dürfe, deshalb machen wir so was.

Was mir dort auffiel: Etwa 70 Prozent des Publikums waren Frauen. 
Wenn ich dich korrigieren darf, Christoph – es waren sogar 86 Prozent Frauen!

Respekt! Warum kommst du bei Frauen so gut an?
Ich schreibe sehr viel aus der Sicht der Frau. Und ich zeige Frauen gegenüber Respekt. Letztlich zeigt man Respekt, um auch selber Respekt zu bekommen. Ich behandle jede Frau wie meine Schwester. Ich bin in einer Familie mit acht Frauen aufgewachsen – mit meiner Mutter und meinen sieben Schwestern.

Wie gehst du mit Kritik um?
Man muss in der Lage sein, sich Kritik anzuhören – um sich dann aber trotzdem sagen: «Vergiss sie!» Über das erste Album, das wir damals mit der Band Reamonn gemacht haben, hat jemand gesagt, es sei das schlechteste Album, dass er jemals gehört habe. Und trotzdem haben wir Millionen davon verkauft.

Und was ist das schönste Kompliment, das man dir machen kann?
Wenn ich ein Kompliment bekomme, würde ich einfach rot werden. Ehrlich gesagt, ich denke, meine Frau Josephine ist mein grösster Kritiker. Aber wenn sie etwas gut findet, bin ich total begeistert. Als wir das erste Mal miteinander gesprochen haben, hat sie mir gesagt, dass sie meine Stimme liebt. Und seitdem machen wir alles zusammen. Wenn sie sagt, dass etwas gut ist, dann weiss ich, dass es viel besser ist, als ich es mir vorstellen könnte.

Rea Garvey
21.01.2022, Samsung Hall Zürich
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