Rigoletto

Der Duca di Mantua hat rosa gefärbte Haare und singt seiner Gilda zwischen alten Kesseln Liebesarien, die direkt ins Herz gehen. Die Premiere der Oper «Rigoletto» in der alten Pilothalle der Viscosi in Emmen bei Luzern fesselte das Premierenpublikum.

Noch selten konnte man Oper so kraftvoll und direkt erleben: das Experiment, eine Opern-Produktion in eine Industrie-Halle zu verpflanzen, ist vollauf gelungen. Wo bis vor kurzem noch Nylon-Strümpfe produziert wurden, spielt jetzt das Luzerner Sinfonieorchester und singt das Opern-Ensemble des Luzerner Theaters die Geschichte von Rigoletto, dem alten Mann, der alle verhöhnt und am Ende der Oper das Einzige verliert, was ihm lieb ist: seine Tochter Gilda.

Fantastischer Klang- und Spielraum auf mehreren Ebenen

Der Klangraum der Viscosi ist durch mehrere Zwischenböden unterteilt und es stehen unzählige Kessel und Metallkonstruktionen in der Fabrikhalle. Die Zuschauer sitzen verteilt auf mehreren Zwischen-Ebenen und gespielt wird die Oper ebenfalls auf zwei Ebenen, während das Orchester im Parterre sitzt. Erstaunlicherweise steigt der Klang fast schon ideal in den Raum, die Oper wird so nah und direkt fühlbar. Der musikalische Leiter und Dirigent des Luzerner Sinfonie-Orchesters, Stefan Klingele, hatte vor der Premiere geschwitzt, hier seine Reaktion am Sonntagabend:

Theater wie bei Shakespeare – mit Narren und Popcorn

Hier ist etwas komplett anders als beim gewöhnlichen Opernbesuch. Grell geschminkte Narren mischten sich unter die im Entrée wartenden Zuschauer, begrüssten die Gäste und verteilten süsses Popcorn, das man auch in den Zuschauerraum mitnehmen durfte. Die Ouvertüre erlebte das Publikum dann stehend, auf dem untersten Boden der Fabrik, gleich neben dem Orchester. Plötzlich mischten sich Sänger unter die Zuschauer, diese wurden zu Protagonisten der ersten Szene, dem prickelnden Ball am Hof des Herzogs von Mantua.

Junge und reifere Spitzen-Sänger in der Viscosi

Anschliessend wurde man blockweise in seine Sektion geführt, insgesamt wurde das Publikum auf drei Ebenen der ehemaligen Fabrikhalle platziert. Was sich dann entfaltete, war schlicht von grandioser Qualität und grosser emotionaler und darstellerischer Intensität. Die Gilda, gesungen von der schwedischen Nachwuchs-Sängerin Magdalena Rosberg, glänzte mit einer klaren, frischen und ergreifenden Stimme – und verkörperte zusammen mit dem ebenfalls jungen, aber schon sehr erfahrenen mexikanischen Tenor Diego Silva, der dieses Jahr auch an der New York Metropolitan Opera singen wird, äusserst überzeugend das frisch verliebte Paar Gilda und Duca di Mantova. Der österreichische Bassbariton Claudio Otelli, ehemaliges Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper, gab der Figur Rigolettos, der mit seiner Tochter Gilda alles verliert, was er noch zu haben glaubte im Leben, eine ergreifende Stimme.

Packende und lebendige Inszenierung von Marco Štorman

Mit dem in Deutschland mehrfach ausgezeichneten, 36-jährigen Theater-, Opern- und Filmregisseur Marco Štorman hat sich Intendant Benedikt von Peter einen visionären und modernen Mann ans Haus geholt, der seine Ideen mit seiner ersten Regiearbeit für das Theater Luzern unkonventionell umsetzt: Das Publikum wird unmittelbar ins Geschehen mit einbezogen. Die Nähe zu den Darstellern und zur Musik bewirkt, dass einen diese Opern-Inszenierung direkt berührt. Dieser Intensität kann und will man sich nicht entziehen.

RIGOLETTO
21.10. – 02.12.2016, Viscosistadt Emmenbrücke
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